Dienstag, 7. Juni 2011

Heiweh to häll

Obwohl ich es eigentlich nicht mag, wenn unsere schöne, deutsche Muttersprache immer weniger benutzt wird, bleibe ich doch mal mit dem Blogtitel in der Tradition des letzten, der auch schon einen Musiktitel als Vorbild hatte. Zum einen dürfte diesen Titel jeder kennen (von den ganz jungen mal abgesehen) und zum anderen beschreibt er perfekt das sonntägliche Erlebnis.
Aber immer schön eines after dem anderen. Im letzten Urlaub lernten wir eine alleinstehende Dame aus Potsdam kennen, die seit dem Reiseende immer mal wieder drängelt, wir mögen uns doch mal bei ihr sehen lassen. Und da ich ja sehr gern das Angenehme mit dem Nützlichen verbinde, genügte ein kurzer Blick in den Laufkalender, um alle Klarheiten zu beseitigen. Am ersten Juni-Sonntag sollte der Schlösser-Marathon stattfinden und da dieser Lauf landschaftlich sehr reizvoll sein sollte, wurde dort kurzentschlossen die Teilnahme gebucht. Es sollte dieses Jahr die 8. Auflage dieser Veranstaltung geben und da die Zahl der Marathon-Läufer auf gleichbleibend niedrigem Niveau geblieben war, wurde der Marathon kurzerhand gestrichen und neben dem Halbmarathon noch ein 10 km-Lauf integriert. Soweit, so schlecht, aber da ich momentan ohnehin von der Trainingsdecke her den Halben überstehen kann, kam mir das ganz entgegen. Die Anmeldung über davengo klappte reibungslos, allerdings blieb bis zum Schluss die endgültige Bestätigungsmail aus. Aber da ich in der Starterliste auftauchte, bin ich doch relativ entspannt gewesen.
Überhaupt nicht zur Entspannung trug allerdings das Wetter bei. Hatten wir am Mittwoch noch leichten Regen bei Temperaturen um die 15°, so explodierte dieser Temperaturwert am Lauf-Tag auf das Doppelte. Der Samstag vor dem Lauf war an Unproffessionalität nicht zu überbieten und das kam so. Die Anreise nach Potsdam barg keinerlei Probleme, Hotel schnell gefunden und von dort gleich erst mal zur Startnummern-Ausgabe gelaufen (knappe 2 km). Eine Mini-Laufmesse musste natürlich komplett durchlaufen werden, wie das halt immer so ist, die Ausgabe der „Startunterlagen“ erfolgte sehr zügig. Die Qualität selbiger allerdings ist grenzwertig. Ein labberiges Baumwoll-Shirt und die Nummer nebst Wegwerf-Zeitmesschip waren alles, was zu bekommen war. OK, der Preis ist mit 25 Euro natürlich auch sehr human. Zurück zum Hotel gelaufen und anschließend mit der Bekannten 3 (in Worten drei) Stunden bei brütender Hitze durch den Schlosspark getigert, da hatte ich schon gar keine Lust mehr, am nächsten Tag dort lang zu rennen.
Am Tag des Rennens ganz gemütlich vom Hotel zum Start geschlendert, dort im Stadion eine Runde eingelaufen und schon war ich total durchgeschwitzt, der Planet knallte unbarmherzig. Zum Start ging es sehr eng zu, denn laut Veranstalter waren es über 3000 Meldungen und die Straße war ziemlich schmal. Der Beginn war ganz ordentlich, das Feld sortierte sich aber nie richtig ein, es war ständig ein Überholen und überholt werden. Wegen der Temperaturen beschloss ich spontan, ohne Zeitkontrolle und nur nach Gefühl zu laufen. Bereits nach 3 km mussten die Ersten gehen und ab Kilometer 5 hatten die Sanitäter immer mal wieder Kundschaft. Landschaftlich reizvoll ist die Strecke zweifellos, aber damit ist der Reiz schon beinahe erschöpft. Das Streckenprofil ist ziemlich anspruchsvoll, immer mal wieder gab es gefühlt steile Anstiege und auch der Streckenbelag war nicht so toll, denn es gab Kopfsteinpflaster und vor allem unebene, furchtbar staubige Parkwege. Der Schatten hielt sich sehr in Grenzen, so dass der Lauf doch schon ziemlich heftig war, das Heftigste natürlich waren die Temperaturen. Das Einzige, was man neben den vielen Sehenswürdigkeiten noch als reizvoll bezeichnen konnte, das waren die Streckenposten, fast ausschließlich junge und überwiegend nicht unattraktive Postinnen. Ich weiß, wer das noch wahr nimmt, der hat Reserven, aber dazu stehe ich auch. Die Versorgung unterwegs war im Großen und Ganzen ok, auch wenn an den letzten Getränkestationen kaum noch Becher zur Verfügung waren, und dabei war ich gerade mal so im Mittelfeld. Auch das Befüllen der Becher (wie meist die ungeliebten Plastik-Becher) war sehr eigenartig anzusehen. Denn als es an einem einzigen Verpflegungspunkt Cola gab, wurde selbige aus den Flaschen in einen Bottich gegossen und von dort direkt mit den Bechern geschöpft, ohne Handschuhe, versteht sich. Die Begeisterung an der Strecke hielt sich extrem in Grenzen und wurde im Wesentlichen durch Leute gestellt, die Beziehungen zu einem oder mehreren Läufern hatten. Kurz vor dem Einlauf ins Stadion begegnete ich noch einem Vereinsmitglied (stemi), er hatte die Sprintstrecke absolviert und nach 2:06 lief ich einigermaßen entspannt durchs Ziel. Die Nachzielverpflegung war nicht erwähnenswert, Duschen und Startbeutelausgabe (die Startbeutel waren im Übrigen profane Plastetüten) kann ich nicht beurteilen, da ich im Hotel geduscht und mich auch dort umgezogen habe.
Fazit: Potsdam ist eine Reise wert und den Schlösserlauf sollte man, wenn überhaupt, nur als Stadtbesichtigung betreiben, auch wenn es nicht ganz so warm ist.