Donnerstag, 18. November 2010

Der Zahn der Zeit

Der Zahn der Zeit nagt ja an uns allen, an manchen stärker und an manchen weniger, aber genagt wird prinzipiell. Auch bei kleinen und großen Laufveranstaltungen ist das ja immer wieder zu beobachten und quasi mit fast allen Sinnen aufzunehmen. Da duftet es meist in den Umkleidebereichen lecker nach Rheumasalbe und Schlangengift, da sieht man modische Tapes und altmodische Bandagen, da hört man Schreckensnachrichten über Krankheiten und Verletzungen, die nicht nur die Teilnahme an der Laufveranstaltung in Frage stellten, sondern beinahe lebensbedrohlich waren. Komischerweise versetzt der Startschuss diese Todeskandidaten so in einen Adrenalinrausch, dass sich meist kurz nach dem Start die Beschwerden nahezu restlos in die schweißgetränkte Luft auflösen.
Ein besonders anschauliches Bild über den nagenden Zahn der Zeit konnte ich vor einigen Wochen im Urlaub „genießen“. In vollkommener Blauäugigkeit ließen wir uns von Freunden zu einer Donaukreuzfahrt überreden. Eine Kreuzfahrt an sich ist ja etwas sehr schönes, man macht eine Rundreise, ohne ständig das Hotel wechseln zu müssen und die Reiseziele waren auch interessant. Schon bei der Anreise und beim Einschiffen (dieser Begriff gewinnt natürlich auch mit zunehmendem Alter an Bedeutung) deutete sich an, was sich im weiteren Reiseverlauf bestätigte. Trotz meiner Zugehörigkeit zur M50 habe ich den Altersdurchschnitt deutlich versaut und nach unten gedrückt. Die meisten Passagiere waren in einem Alter, welches früher für die FDJ-Kreisleitung (eher Greis-Leitung) geeignet gewesen wäre und auch der heimelige Duft aus dem Startbereich eines Laufes war ab und an zu erschnuppern. Natürlich hätte man, wenn man es denn gewollt hätte, auch Krankengeschichten in ungeahnten Dimensionen hören können und der Anblick der orthopädischen Strümpfe blieb uns nur durch die relativ niedrigen Temperaturen erspart.
Aber wie bei den schon erwähnten Laufveranstaltungen mutierten die Delinquenten plötzlich zu temporären Spitzensportlern und zwar immer dann, wenn es ans Essen ging. Da flogen die Unterarmgehstützen im flotten Stakkato durch die Gegend, dass man sich unvermeidlich an die Begegnung mit Hardcore-NordicWalkern erinnert fühlte. Halsbrecherische Überholmanöver mit getunten und tiefer gelegten Rollatoren waren an der Tagesordnung und man hatte ständig zu tun, nicht unter dieses Rollkommando zu geraten.
Diese sportlichen Höchstleistungen müssen aber so anstrengend gewesen sein, dass dann nur noch Wasser als einziges hochgeistiges Getränk konsumiert werden konnte.
Der Vorteil für mich Nesthäkchen war, wir waren meist die einzigen in der Bar und hatten stets die ungeteilte Aufmerksamkeit des Personals.

Montag, 30. August 2010

Rata rata ratatata

Die Laufschuh vor mir trägt ein junges Mädchen,
ich würd’ gern wissen, was sie g’rade rennt.
Läuft Sie wie ich ’nen 10-er, läuft Sie jetzt auch g’radeaus,
fängt Sie erst an oder rennt Sie gleich nach Haus’.

Was will der alte Kerl da hinter mir nur?
Ich frag’ mich, warum überholt der nicht.
Der hängt jetzt schon seit 7 Kilometern an mei’m Heck.
Was tun, ein Sprint oder ab ins Versteck?

Wie schön, dass ich heut endlich einmal Zeit hab’,
ich muss nicht rasen wie ein wildes Tier.
Ich mach’ kein Tempo, keinen Cross, ich lauf im GA1.
Ein lock’rer Lauf ist wirklich etwas fein’s.

Jetzt wird mir diese Sache langsam mulmig,
ich brech’ die Trainingseinheit einfach ab.
Ich bleibe einfach stehen, dreh’ mich rum und sage barsch:
„Was schau’n Sie mir denn ständig auf den Ar..m?“

Die Mädchen stoppt, die Kleine ist am Ende,
ich habe sie wohl doch zu sehr gehetzt.
Ich muss alleine laufen, habe keinen, der mich zieht,
sie dreht sich rum und starrt mir auf mein ... Knie.

Der Läufer ist vielleicht ja doch ein Netter,
er grüßt mich freundlich, rennt an mir vorbei.
Er wollt’ nicht alleine laufen, deshalb lief er hinterher,
ich geh nach Hause, denn ich kann nicht mehr.

Und tschüss, mein Fräulein, weiter gute Läufe,
ich hänge mal noch fix ‚nen 5-er ran.
Der Lauf wird in ’ner halben Stunde auch zu Ende geh’n,
vielleicht wer’n wir uns einmal wieder seh’n.

Dienstag, 25. Mai 2010

Bratwurstnotstand in Thüringen

Da läuferisch bei mir eher nicht viel geht, muss ich mich halt anderen Themen des Alltags widmen, damit hier im Blog nicht zu viele Spinnweben herumhängen.

Ich widme mich ja unter anderem zwei Hobbys, die eigentlich nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Würde ich den Akademiker raushängen lassen, dann könnte ich auch sagen, dass diese beiden Hobbys diametral zueinander sind, aber wer will das schon. Diese beiden Dinge könnte man mit BwL abkürzen, was aber rein gar nichts mit der Lehre von Angebot und Nachfrage zu tun hat, sondern wie es der Titel schon andeutet, es bedeutet Bratwurst und Laufen.
Insbesondere das gleichzeitige Frönen dieser Leidenschaften gestaltet sich als ausgeprochen schwierig, denn erstens ist eine schöne leckere Bratwurst nicht unbedingt als Läufernahrung während des Laufes geeignet und zweitens stößt der Mensch da schon an physische Grenzen. Die Trägheit der Masse bezieht sich ja beispielsweise nicht (nur) auf einen schwer übergewichtigen Läufer, sondern auf jedes Ob- oder Subjekt, welches sich auf diesem Planeten befindet. Und so kann es durchaus passieren, dass man die Bratwurst während des Laufens in Mundhöhe platziert, sich selbige beim Versuch des Abbeißens aber schon wieder auf Stirnniveau befindet. Je nach Vorliebe hat man also entweder einen roten oder gelbbraunen Fleck auf der Stirn (Senf oder Ketchup).
Nach dem Laufen nehme ich aber so ein Teil gerne, stelle dabei aber schon gewisse Forderungen. Zwingend ist, das gute Stück muss vom Holzkohlegrill kommen. In meiner AK ist das ohnehin egal mit den krebserregenden Stoffen, die angeblich beim Grillen freigesetzt werden. Es muss schmecken und mir schmeckt eine Bratwurst nur, wenn da ordentlich Kohle drunter ist. Kleiner Tipp vom Grillexperten, die beste Holzkohle weit und breit gibt es in der Köhlerei Eisenhammer in der Dübener Heide, keine brennt besser.
Naja, und die nicht nur meiner Meinung nach besten Bratwürste machen unsere Thüringer Freunde.
Auf der Suche nach einem altersgerechten Ausflugsziel für den Pfingstsamstag fiel unsere Wahl auf das sogenannte Mühltal. Das ist ein Tal in der Nähe von Eisenberg, in dem vor vielen, vielen Jahren einmal 10 Mühlen standen und dort ihr Tagwerk erledigten. Heutzutage sind fast alle dieser Mühlen zu Gaststätten und Hotels ausgebaut und ein gut ausgeschilderter Wanderweg sorgt sich darum, auch ja an jeder dieser Mühlen vorbei zu kommen.
Wandern in Thüringen heißt auch automatisch Bratwurst, so glaubte ich in meinem kindlichen Gemüt, aber weit gefehlt. Nicht an einer dieser Kneipen war der (überall vorhandene) Grill in Betrieb, nur Würste aus der Pfanne wurden kredenzt.
Aber ich bitte Euch, Bratwurst aus der Pfanne, das ist doch wie entkoffeinierter Kaffee, wie alkoholfreies Bier, wie Laufen mit 2 Stöcken,.......

Freitag, 12. März 2010

Laufen macht sauer

Wenn man so wie ich ein halbes Jahrhundert und damit den Zenit seines irdischen Daseins hinter sich hat, wird er ein Mitglied einer Zielgruppe, die im Fokus einer mächtigen Berufsgruppe steht, nämlich der Ärzte und Bestattungsunternehmer (was nicht immer 2 verschiedene Personen sein müssen).
Außerdem habe ich (noch) ein wenig mehr Freizeit als sonst üblich, da ich mich zumindest laufenderweise noch von der Öffentlichkeit fern halten muss. Also arbeitet man mal die Vorsorge-Termine bei diversen Ärzten ab, was nicht nur dazu führen muss, dass diese einem das Laufen an sich und das Leben im speziellen vermiesen wollen. Nur ganz kurz zur Vorgeschichte, ohne ins intime Detail zu gehen. Eine lange zurückliegende Untersuchung ergab leichte Probleme mit der Bauchspeicheldrüse und als der Ärztin meines geringsten Misstrauens in langen Winternächten langweilig war, kam sie beim Aktenstudium auf eben diese Absonderheit. Folgerichtig kam der Satz: "Das müssen wir im Auge behalten!", was bei Hämorrhoiden extrem schwer, bei der Bauchspeicheldrüse aber unmöglich ist. Gefahr besteht wohl vor allem, dass durch Probleme der Bauchspeicheldrüse Zucker droht. Nun bin ich ja ein Süßer, aber Zucker in dieser Form muss ja nun auch nicht sein, also ab zur Beschallung.
Eigentlich hätte ich mir das schenken können, denn als ich dem medizinischen Tonmeister diese hausärtztliche Interpretation kund tat, schüttelte er nur verwundert sein noch gar nicht greises Haupt:
"Laufen Sie noch Marathon?"
"Im Prinzip ja!"
"Dann können Sie auch keinen Zucker bekommen. Wer mindestens zweimal in der Woche richtig schwitzt und sich auspowert, der ist vor Diabetes geschützt."
Endlich eine medizinische Begründung, dass ich wieder laufen MUSS.
Eine zweite kam kurze Zeit später:
"Haben Sie zugelegt?"
Auch da konnte ich nicht widersprechen... ;-(((

Dienstag, 16. Februar 2010

Wounded Knee

Keine Angst, es folgt kein Exkurs in die Schlachtgeschichte der amerikanischen Ureinwohner, auch wenn diese natürlich äußerst interessant ist. Aber diese ist so sehr von großen Siegen wie auch vernichtenden Niederlagen geprägt, da würde ein kleiner Blog gar nicht ausreichen. Ich sage ja auch immer, die einzige Armee der Roten, die nie besiegt wurde, das ist und bleibt die NVA, aber das ist wieder ein anderes Thema.

Nein, es folgt eine minimale Krankengeschichte über einen minimalinvasiven Eingriff. Da junge Leute ja auch mal Glück haben müssen, passte mein OP-Termin für die Arthroskopie fantastisch zwischen die Tage, an denen aufgrund der Straßenglätte nicht nur das Streusalz sondern auch der Gips zur Neige ging, und die Meniskopathie konnte planmäßig durchgeführt werden. Der Anfang war etwas holprig, aber zum Zeitpunkt des Goldenen Schnittes lief alles hervorragend. Der Metzger meinte dann auch anschließend, es wäre ein Meniskusschaden wie aus dem Lehrbuch gewesen. Naja, keiner ist so schlecht, dass er nicht wenigstens noch als schlechtes Beispiel dienen könnte.
Das einzig Störende war die Drainage, aber die musste ich glücklicherweise nur eine Nacht ertragen. Die Fäden (jeweils einer für die beiden Schnittchen) wurden schon 5 Tage nach der OP entfernt, nach einer Woche wurde von 2 auf 1 Krücke (Unterarmgehstützen, um die offizielle Bezeichnung zu verwenden) umgestellt, jetzt geht es zumindest daheim ganz ohne.
Von der Nadel bin ich auch weg, diese blöde Spritzerei war ganz schön nervig. Stich Dir mal in den Bauch, wenn man so gut wie keinen hat. Also Carsten würde da vor ein unlösbares Problem gestellt....
So, nun habe ich noch knapp 2 Wochen BKK-Urlaub, Physiotherapie geht nachher los und irgendwann kann ich dann vielleicht wieder auf die Piste. Das Fernziel ist der Leipzig-Marathon, aber da natürlich der 4 km AOK-Nordic Walking Wettbewerb....
Nein, keine Angst, da müsste ich vorher nicht zum Physio sondern zum Psycho. Außerdem darf ich da gar nicht mimachen, ich bin ja in der BKK....

Montag, 18. Januar 2010

Mein erster Marathon (auf der "falschen" Seite)

Tja, nach 25 absolvierten Marathon-Läufen wechselte ich nun am Samstag erstmalig die Fronten und stand als Helfer an der Strecke. Es galt, den traditionsreichen Team-Marathon an ganz anderer Stelle neu zu starten und da sich unser Verein dieser Aufgabe angenommen hat, wollte ich wenigstens einen kleinen Beitrag zum Gelingen leisten.
Der Arbeits-Tag begann wie vom Organisationskomitee festgelegt 8:00 Uhr im Clara-Zetkin-Park, wo die verschiedensten Arbeiten zu erledigen waren (Autos entladen und frei schieben, Getränkekisten transportieren, Tische und Bänke transportieren und aufstellen, Stellfläche für den Grill frei schaufeln, …). Schließlich kam dann eine Anforderung, den engagierten Schneepflug aus dem Schnee zu bugsieren, denn der hatte sich fest gefahren. Ich glaube, dieser Schneepflug war das einzige Manko an unserer Veranstaltung, denn gebracht hat er unter anderem wegen völlig abgefahrener Reifen und sagen wir mal grenzwertigen Fahrkünsten seines Lenkers nur sehr wenige Effekte.
Schließlich rückte die Startzeit immer näher und alle nicht benötigten Helfer standen im Startbereich und schickten die 43 Mannschaften mit großem Beifall auf die Strecke.
Mein Dienst als Streckenposten sollte eine halbe Stunde später beginnen, aber ich ging schon lange vorher hin. Die Stelle Nonnenweg/ Bruckner-Allee war für mich auserkoren worden und die erwies sich schnell als neuralgischer Punkt, denn durch einen Parkplatz und auch durch schwere Technik der Forstwirtschaft war diese Kurve extrem voller Schneemehl und darunter Eis.
Nach dem ersten Durchlauf bescheinigte uns Carsten noch, dass wir am schlimmsten Streckenabschnitt überhaupt stehen würden und so besorgten wir uns Schneeschieber und Schaufel und versuchten, den Belag einigermaßen in den Griff zu bekommen. Das Problem war halt nur, dass mit jedem Läufer der Belag wieder weicher wurde und die Beräumung quasi im 10-Minuten-Takt erfolgen musste. Der Vorteil dieser Aktion war für die Läufer offensichtlich, nach und nach wurde die Strecke immer besser, auch wenn Matthi ständig meckern musste (ich hab’s verstanden, wie es gemeint war). Für mich hatte es den Vorteil, dass mir die Temperaturen überhaupt nichts ausmachten, denn durch das ständige Schieben und Schippen war mir verdammt warm.
Warm war mir aber auch durch die vielen Läufer, die einen wirklich spüren ließen, dass sie den eigenen Einsatz sehr zu würdigen wussten. Es gab kaum Teams, die ohne ein Wort vorbei liefen. Viele lobten die immer besser werdende Strecke, das Wort „Autobahn“ hörte ich immer wieder und mehrfach wurde „mein“ Abschnitt als der beste der gesamten Strecke gelobt. Unabhängig davon, ob das stimmte oder ob das bei jedem Posten gesagt wurde, es verfehlte seine Wirkung nicht.
Der Zeitplan für den Einsatz war für uns Schall und Rauch, nur eine kurze Pause für eine Bratwurst wurde gemacht und schon ging es zurück an den Schieber. Mit vielen Läufern entspannen sich kurze Dialoge und ich nahm vielen das Versprechen ab, im nächsten Jahr wieder zu kommen. Und besonders prägte sich ein Läufer ein, der mir bescheinigte, dass er trotz beständigem Suchen nichts gefunden hätte, worüber er meckern müsste.
Nach der Siegerehrung, die ich mit verfolgte, wurde dann in Windeseile abgebaut und als nur noch wenig zu tun blieb und die Anzahl der Tätigkeiten die der Helfer nicht mehr übertraf, machte ich mich schließlich nach 10 Stunden teils harter Arbeit auf den Heimweg.
Und der Eindruck, den der eine oder andere von mir schon an der Strecke hatte, der war durchaus richtig, ich war fix und fertig.
Gewonnen hat ja ein Team aus Leipzig (mit 2 eXanern) vor einem Team aus Greiz, und genau da habe ich auch heute noch Problem, im Greiz….
Es war eine gelungene Veranstaltung und auch wenn es pathetisch klingt, aber ich bin wirklich stolz, einen kleinen Beitrag zum Gelingen geleistet zu haben und Mitglied in diesem Laufverein zu sein, der solch einen Lauf auf die Beine stellen kann. Und die Arbeit der anderen Mitglieder war um ein Vielfaches umfangreicher als das bisschen, was ich am Tag x geleistet habe.